Interview mit Ines + Broder Oetken Teil 1/3

Wie entstehen Gongs und wie entstand Oetken Gongs?

- Teil 1 eines dreiteiligen Interview mit Ines und Broder Oetken am 21.11.2022 in Fockbek

Wir kommen bei den Oetken’s an und werden erstmal herzlich begrüßt! Von den beiden Inhabern persönlich und insgesamt vier Hunden. Dann geht es direkt in die Küche wo wir bei einer Tasse Tee gemütlich miteinander schnacken und immer mehr ins Erzählen kommen, wie Oetken Gongs ursprünglich entstanden ist und an welchem Punkt die Magie in der Gongherstellung passiert - aber ist da überhaupt Magie am Werk oder ist es doch sehr handfest?

Wie würdet ihr den Moment der Magie in der Gongherstellung beschreiben?

Bop: Das ist eine gute Frage: wann und wo ist wie die Magie? Der Punkt der Magie ist eine Frage für sich. Ich bin mal gefragt worden, ob ich irgendwie ein Ritual mache beim Gongbau? Hab ich nie drüber nachgedacht in der Form, aber im Nachhinein muss ich sagen: Ja. Irgendwie habe ich auch meine Rituale dabei, die ich aber gar nicht bewusst mache, sondern die passieren.

Und der Moment der Magie ist natürlich so eine Frage, was ist denn jetzt die Magie an den Gongs? Dass der Gong jetzt plötzlich schön klingt? Dann ist es ein später Punkt.

Ich habe immer nur mit den schlechten Gongs zu tun. Dann wenn sie gut sind, sind sie fertig und ich geb sie weg und nehm mir wieder den nächsten schlechten. Also ist es auch nicht der tolle Job mit den tollen Gongs mit den tollen Klängen. Immer wenn sie toll sind, verlassen sie mich.

Ines: Ich glaube, Magie ist das falsche Wort. Dafür fühlen sich die Jungs einfach zu sehr als Handwerker. Es mag für einen Außenstehenden oder für einen Künstler diesen magischen Punkt geben. Aber sie empfinden den nicht als magisch, denn sie haben einen gewissen Umgang mit dem Gong. Sie haben einen gewissen Respekt den sie da hineinbringen. Für mich ist so ein Punkt, wenn ich in die Gongmacherei komme und dann sitzt Willi da am Hauptklotz und guckt aus dem Fenster und ich denk mir: Schöner Job. Ein bisschen aus dem Fenster gucken. Bis mir wieder einfällt was er da eigentlich macht: er atmet. Er atmet. Sie haben halt ihre Rituale.

Die Verschnaufpause zwischen dem Hämmern eines Gongs ist wie ein Innehalten. Auch das Schabern hat etwas meditatives. Wenn man Anja beim Glühen mit den immer gleichen Bewegungen in einer Ruhe sieht, hat das etwas Meditatives. Es gibt viele von diesen Momenten. Keiner hier würde sie als magisch bezeichnen, ein Außenstehender wohl.

Bop: Viele sind in der Lage, die Form eines Gongs herzustellen, aber wie der Gong klingt, dass ist dann eher die Frage. Wobei es natürlich auch so ist: Ich baue Gongs, die mir gefallen. Ich habe das Glück, dass viele das, was ich gerne hören mag, auch mögen und meine Gongs dann toll finden, weil ihr Geschmack sehr ähnlich zu sein scheint oder meiner für sie gut zu sein scheint. Also gebe ich schon auch vor, wie der Gong zu klingen hat. Aber wenn jemand einen komplett anderen Geschmack hat, werde ich nie den richtigen Gong für ihn bauen. Wenn ich einen Punkt als Magie bezeichnen würde, würde ich sagen: den mag ich hören, jetzt klingt er für mich richtig.

Da war ja vorher auch einiges an Prozess, mit ständigem Wandel im Klang.

Bop: Da ist ein ständiger Wandel drin. Ich vergleiche das Gongbauen im Prinzip mit dem schwanger werden. Ich weiß, was ich zu tun habe aber ob es funktioniert hat, merke ich erst hinterher: Ich habe jetzt alles gemacht, dass er aussieht wie ein Gong und dass er theoretisch wie ein Gong klingen könnte, dann höre ich ihn mir an und sag: Ja, er klingt, das ist gut, geht weg. Oder nein, er klingt nicht.

Ja, ich bin schwanger geworden oder nein, ich bin nicht schwanger. Es ist ein Prozess: der Gong wächst zum Gong heran- er entwickelt sich. Ich kann es nicht erzwingen, dass der Gong jetzt klingt, ich kann nur daran arbeiten und wenn es passieren soll, passiert es. Und wenn es nicht passieren soll, passiert es nicht.

Der erste Gong, den ich vor über 10 Jahren hier in meiner Selbständigkeit gebaut hab, ist immer noch nicht fertig. Er ist immer noch hier. Er wollte hier bleiben und er bleibt jetzt auch hier. Ich habe ihn jetzt auch lange missachtet, vielleicht hole ich ihn irgendwann wieder vor. Bisher war er noch nie so, dass ich sage: er ist fertig. Ich habe ihn jahrelang immer wieder regelmäßig vorgeholt und was gemacht, aber ich war noch nicht zufrieden.

Magisch ist, finde ich, das Wort, dass es irgendwie hebt. Wann ist der magische Moment der Geburt? Im Prinzip dann, wenn das Leben tatsächlich herauskommt. In dem Fall würde ich auch sagen, dann wenn er wirklich klingt.

Man kann den Moment auch gar nicht terminieren. Höchstens Kaiserschnitt.

Bop: Das kann ich hier nicht machen. Notgeburt nicht. Es braucht seine Zeit, es müssen gewisse Sachen passieren, damit es dann irgendwann soweit ist. Und hier ist es ganz ähnlich beim Gongbau. Man muss dem Zeit geben, es nicht erzwingen wollen, sondern es wird passieren. In kleinen Schritten, wieder hören, probieren, gucken, ist gut / ist nicht gut, dann geht es weiter. Aber nicht ich will jetzt oder es muss jetzt klingen - das funktioniert nicht.

Spannend. Bei meiner Frage ging es auch darum, die Antwort offen zu gestalten.

Bop: Magie ist ein ganz mächtiges Wort. Ich fühle mich mehr als Handwerker oder Kunsthandwerker, als Magier der Verblüffung oder Illusion erschafft, fühle ich mich nicht.

Man kann die Gongs ja auch anfassen und die Frequenzen messen, das hat schon wirklich alles Hand und Fuß. Was hat dich denn dazu inspiriert, mit dem Gongbauen selbst anzufangen?

Bop: Da muss ich ganz weit ausholen: Eigentlich bin ich Bauingenieur für Wasserbau, also völlig artfremd. Als ich studiert habe, hat man händeringend Ingenieure gesucht und als ich fertig war, waren Massen da und es war sehr schwer eine Anstellung zu bekommen. Ich war nicht der eine Glückliche von über hundert Bewerbern, der einen Job bekommen hat. Also habe ich in einem Ingenieurbüro für Bodengutachten gejobbt. Ich war ständig auf der Suche und eigentlich überqualifiziert für den Job. Irgendwann kam ein Freund, der damals bei Paiste gearbeitet hat, auf mich zu und fragte, ob Gongbauen nicht etwas für mich wäre?

Klingt interessant, kann ich mal machen. Ich nahm zwei Wochen unbezahlten Urlaub und hab bei Paiste Praktikum gemacht. Es hat mir Spaß gemacht, aber ich wollte es nicht machen. Falls es, warum auch immer, schief läuft, sah ich mich in einer beruflichen Sackgasse: Wenn mich jemand gefragt hätte, was ich in den letzten Jahren gemacht habe und ich habe Gongs gebaut, dann hätten sie damit nichts damit anfangen können. Wer braucht Gongs? Und als Ingenieur würde mich keiner mehr nehmen, weil ich viel zu weit weg von der Szenerie bin. Ich war immer irgendwie auf Baustellen unterwegs, hab mich unter die Leute gemischt und immer gehofft, über einen Kontakt ein gutes Jobangebot zu ergattern. Dann ging auch die Baubranche runter und die Firma musste sich von jemandem trennen. Da haben sie folgerichtig mich rausgeschmissen. Ich war als letzter gekommen, war familiär nicht gebunden, eigentlich überqualifiziert und auf dem Sprung. Hätte ich wählen müssen, ich hätte mich auch rausgeschmissen.

Also war ich wieder arbeitslos. Und habe noch einmal bei Paiste angerufen, aber die Stelle war anders besetzt. Ich habe weiter gesucht und hatte ein Vorstellungsgespräch und dann kam wieder ein Anruf von Paiste. Mit der anderen Option sind wir zu dem gemeinsamen Schluss gekommen, es zu lassen und ich habe direkt bei Paiste angefangen. So bin ich schlussendlich zu Paiste gekommen und habe angefangen, Gongbau verkehrtherum zu lernen. Da ich den Gongbaumeister ersetzen sollte, habe ich zuerst die Feinstimmung gemacht und dann zum Gongbau hin gelernt und nicht wie üblich vom Gongbau zur Feinstimmung.

Dann ist Walter, mein Gongmeister, nach relativ kurzer Zeit krank geworden und aus den geplanten 7 Jahren Einarbeitung und Übergabe wurde ein viel kürzere Zeit. So bin ich bin viel früher in den Job als Gongbaumeister reingewachsen als es ursprünglich geplant war. Rudi (der Vorgänger / Meister von Walter) kam extra aus der Rente, um sich mit mir ein- oder zweimal die Woche zum Gespräch zu treffen und mir bei meinen Problemen zu helfen. Damals gab es nur Paiste als Gongbaufirma: als KfZ Mechaniker kannst du zur nächsten Werkstatt gehen, wenn du nicht weiter weißt und dich über Probleme und Erfahrungen austauschen weil es viele gibt, die in der Branche arbeiten. Das gibt es im Gongbau eben nicht. Es gibt nur sehr wenige und damals halt nur Paiste.

Rudi kam also aus der Rente wieder und hat mir wirklich weitergeholfen. In der Zeit hat es sich mir gezeigt, dass Rudi und Walter eigene Wege gegangen waren und verschiedene Stile hatten, um beim gleichen Ziel, bei einem gut klingenden Gong, anzukommen. Ich persönlich liege sicher zwischen den beiden. Das war für mich damals sehr interessant zu sehen, wie unterschiedlich die Herangehensweisen sein können. Jeder Gongbauer hat sein eigenes Modell im Kopf und geht seine eigenen Wege. Als ob man in einer Stadt verschiedene Wege zum selben Ziel nimmt.

So bin ich letztendlich zum Gongbau gekommen, hab die Gongmacherei geleitet, war knapp 10 Jahre bei Paiste. Irgendwann wurde ich zu einem Gespräch geladen, wo ich erwartet hätte, dass wir uns über Neues austauschen. Stattdessen hatte ich eine Stunde Zeit, meine Sachen zu packen, nach Hause zu gehen und war raus. Warum? Weil ich nicht in ihr Konzept passe, was auch immer das heißt.

Ich war nie gewillt mich mit dem Gongbau selbständig zu machen, das war im Prinzip ein Zufall, der entstanden ist. Erstmal bin ich in ein tiefes Loch gefallen. Das, was ich machen wollte, durfte ich nicht mehr machen. Die berufliche Sackgasse, die ich befürchtet hatte, war da. Letztendlich hat sich durch Zufälle eine neue Tür geöffnet. Über Kontakte über mehrere Ecken kam die Zusammenarbeit mit Meinl zustande und schlussendlich Oetken Gongs, wie es heute ist.

PAUSE

Ich glaube, die meisten Fragen könnt ihr eh gemeinsam beantworten.

Ines: Oetken Gongs gibt es jetzt 11 Jahre. Und wir sind durch Corona um unser 10jähriges Jubiläum gebracht worden: wir wollten feiern! Am Schluss waren wir gar nicht da, aber gute Freunde haben uns eine Girlande an die Tür gehängt (das ist ein lokaler Brauch) und dann geklingelt und angerufen wo wir eigentlich stecken. Dann hatten wir zumindest eine ganz kleine Feier mit Freunden.

Wann ist eigentlich der Geburtstag von Oetken Gongs?

Ines: Januar

1. Januar?

Bop: Auf einem Montag fängt man nicht an. Am 4. Januar 2011 haben wir angefangen.

Wow, dann habt ihr ja schon fast 12jähriges?

Ines: Ja, also 12 Jahre… da ist schon eine Menge passiert zwischendrin!

Und was alles so passiert ist, welche ganz außergewöhnlichen und einzigartigen Gongs entstanden sind, das erzählen wir euch im nächsten Teil des Interviews. Dieser wird im nächsten Monat veröffentlicht.

-Die tollen Gongs findest du hier: http://www.oetken-gongs.de/ oder auch in meinem Online Shop

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